Herr Hodurek, der Vertrag mit den Stadtwerken Halle ist unterzeichnet, das siebte PtH-Projekte damit besiegelt, weitere „in der Pipeline“. Welche Rolle spielt Power-to-Heat auf dem Weg von 50Hertz in Richtung 100 Prozent Erneuerbare?
Mit immer mehr Erneuerbarem Strom aus Wind und Sonne steigt der Bedarf an Ausgleichslösungen, um in Zeiten von Überproduktion die Energie sinnvoll zu nutzen. Um jederzeit die Versorgung zu sichern und gleichzeitig möglichst jede erzeugte und erzeugbare Kilowattstunde Strom zu nutzen, ist die Umwandlung von Strom in Wärmeenergie ein sehr sinnvoller Ansatz. Der Gesetzgeber hat unter dem Eindruck hoher Abregelungsmengen mit der Gesetzesanpassung 2017 die Voraussetzung geschaffen, Maßnahmen zum Einläuten der Wärmewende umzusetzen, denn die Wärmeerzeugung aus Erneuerbarem Strom wird künftig bei der Ablösung der fossilen Brennstoffe eine wichtige Rolle spielen. 50Hertz hat sich frühzeitig entschlossen, die Potenziale von Power-to-Heat zu erschließen und hier zusammen mit Partnern tätig zu werden. Bereits 2021 konnten wir so drei PtH-Anlagen in Betrieb nehmen.
Power-to-heat gibt es in unterschiedlichen Formen. Neben Wärmepumpen spielt vor allem die in unseren Projekten eingesetzte, klassische Wärmeerzeugung über Elektrodenkessel, die erprobt ist und für die bereits seit Jahrzehnten Erfahrungen vorliegen, eine wichtige Rolle. Das bedeutet, dass wir hier indirekt auch für den Gebäudesektor – sprich Objektheizung – Starthilfe leisten. Das ist sektorenübergreifende Klimaneutralität auf Initiative des Stromsektors.
Was gab es für Learnings aus den ersten Projekten, die in den Folgeprojekten bereits umgesetzt werden konnten?
Wir haben bereits viel lernen können. Das fängt an mit dem eigentlichen Projekt, wenn anstelle einer Stromerzeugungsanlage auf einmal im Verteilungsnetz ein Stromverbraucher steht. Bislang versorgt die Stromerzeugungsanlage neben den Wärmekund*innen auch viele Verbraucher*innen mit Strom. Schaltet man diese ab, dann muss mehr Strom aus höheren Netzebenen bezogen werden. Das Kraftwerk selbst hat auch zur Spannungshaltung und zur Frequenzstabilität beigetragen, die Power-to-heat-Anlage kann das von Hause aus nicht. Da muss vorher gemeinsam mit dem Verteilungsnetzbetreiber geprüft werden, ob damit auch Sicherheitsanforderungen erfüllt werden, und gegebenenfalls muss das Projekt angepasst werden.
Das setzt sich fort mit der Integration der Anlagen in die Steuerungsprozesse. Prozesse und Standards, die im Übertragungsnetz und bei Großkraftwerksbetreibern selbstverständlich sind, müssen hier in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern erst implementiert werden. Das braucht Zeit und bedeutet Aufwand auf beiden Seiten.
Schlussendlich haben wir viel darüber gelernt, wie verzahnt die Sektoren bei rechtlichen Fragen bereits heute sind. Denn bei der Nutzung von überschüssigem Strom zur Wärmeversorgung muss aufgrund europäischer und nationaler Vorschriften viel beachtet werden.